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Eröffnung des Mozartjahres 2006 mit Nikolaus Harnoncourt

Nikolaus Harnoncourt hält eine zornige Festrede zur Eröffnung des Mozartjahres in Salzburg: Österreich hat keinerlei Grund, stolz zu sein!

Die paradoxe Situation, dass sich das Publikum mit artigem Applaus dafür bedankt, dass ihm der Künstler soeben ein entlarvendes Spiegelbild vorgehalten hat, ist nichts Neues: Schon Peter Handkes legendäre „Publikumsbeschimpfung“ zählte zu diesem Genre, dem Nikolaus Harnocourt mit seiner furiosen Festrede zur Eröffnung des Mozartjahres in Salzburg einen neuen Höhepunkt beschert hat.

Es war harte Kost, die die High-Society vom Maestro serviert bekam. Denn so kompromisslos Harnoncourt im Eröffnungskonzert mit den Wiener Philharmonikern die Abgründe von Mozarts Symphonie in g-Moll auslotete, so radikal ging er mit Österreichs ausbeuterischem Umgang mit Mozart, diesem „Griffel in Gottes Hand“, ins Gericht. Für Harnoncourt hat Österreich „keinerlei Grund, stolz zu sein. Wir bieten Mozart unsere Jubiläen mit ihren Umwegrentabilitäten und Geschäften und lassen seine Töne zerstückelt aus allen Werbekanälen tropfen – das ist ein Skandal und eine Schande!“

Zornig rechnete der Maestro mit dem Bildungswesen ab: Nach und nach werde aus den Lehrplänen alles Musische verdrängt, alles, was die Phantasie fördere und für ein menschenwürdiges Leben unverzichtbar sei. Harnoncourt: „Heute können hier die meisten Kinder nicht einmal mehr singen, weil sie nie dazu angeleitet wurden. Sie wissen nicht, wie man Töne formt, sie kennen keine Lieder.“ Symptomatisch für die heutigen Bildungsziele sei, dass bei der Pisa-Studie die Musik keine Rolle spiele: „Wenn zum Rechnen, Schreiben und Lesen nicht die Kunsterziehung gleichgewichtig hinzutritt, wenn das Nützlichkeitsdenken alles beherrscht, dann besteht höchste Gefahr, dass der Materialismus und die Raffgier zur götzenhaften Religion unserer Zeit werden.“

(Stefan Winkler für die Kleine Zeitung, 28. Jänner 2006)

Die gesamte Festrede zum Nachlesen

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